Arbeitsschwerpunkte GEW KV Offenbach-Land

 

Wir über uns – der GEW Kreisverband Offenbach-Land  stellt sich vor                                  

Februar 2018

 

Mitgliedschaft

 

Im Kreisverband Offenbach-Land der GEW sind zurzeit 1030 Mitglieder organisiert.

Die meisten (ca. 680) sind als Lehrkräfte an den 84 Schulen des Kreises OF tätig. Aus dem

nichtschulischen Bereich sind vergleichsweise wenige Mitglieder organisiert. (75), die

vor allem in kommunalen oder privaten Einrichtungen arbeiten.

Abhängig von der großen Einstellungswelle in den 70er Jahren wächst inzwischen die Zahl

der GEW-Mitglieder, die den Schuldienst hinter sich gelassen haben (ca. 270), eine große

Gruppe, zu denen viele gehören, die mit mehrfachen Streiks zur Verbesserungen der

Arbeitsbedingungen beigetragen haben und dafür, dass es heute Gerichtsurteile gibt, die das

Streikrecht für Beamte anerkennen.

Mit Blick auf die große Mehrheit der Lehrkräfte unter den Mitgliedern und ihre beruflichen

Probleme und Belastungen beschäftigt sich der GEW-Kreisvorstand Offenbach-Land

schwerpunktmäßig mit bildungs- und tarifpolitischen Fragen im schulischen Bereich. Andere

Bereiche deckt ergänzend der GEW-Landesverband Hessen in Frankfurt ab (www.gew-hessen.de)

 

Engagement gegenüber der Schul- und Tarifpolitik des Landes Hessen

 

Bildungspolitik:

In der Zeit von 2008 bis 2013 haben wir uns vorrangig mit der Entwicklung an den Gymnasien (G9 oder G8), der sogenannten „selbstständigen Schule“ mit erweiterter Budgetierung und der Entwicklung zu „inklusivem Unterricht“ auseinandergesetzt und haben 2013 Landtags- und Bundestagswahlkampf diesbezüglich kritisch begleitet. Zahlreiche arbeitsaufwendige Veränderungen im Schulbereich, die immer als „Reformen“ daher kamen, veranlassten uns, auch einmal grundsätzlich über den Reformwahn nachzudenken und Irrwege als solche zu kritisieren und abzulehnen.

Unter der schwarz-grünen Landesregierung (2013-2018) stand die Umsetzung

des „inklusiven Unterrichts“ an den Regelschulen bei gleichzeitigem Abbau des Förderschulangebots im Vordergrund unserer Aktivitäten. Bei ministeriellem Festhalten am Ressourcenvorbehalt waren die Bedingungen für inklusiven Unterricht aus GEW-Sicht untragbar.

Trotz massiver Kritik - auch von wissenschaftlicher Seite - auf Fachtagungen, in Anzeigen und Resolutionen auf allen Ebenen hat sich bis heute hinsichtlich der personellen Ausstattung und Entlastung der Kolleginnen und Kollegen nicht viel getan, - im Gegenteil:

2016/17 wurden rd. 300 Stellen gestrichen, davon 140  Stellen im Grundschulbereich!

Der einzige Hoffnungsschimmer ist die Ankündigung von 700 Stellen für Sozialpädagogen für  den Grundschulbereich, von denen 400 direkt in den Unterricht fließen sollen, wenn es denn die Personen dafür gäbe!

Zum Ende der Amtszeit  von Schwarz-Grün wurde 2017 mit der Novellierung  der Qualifizierungsvorgaben für zukünftige SchulleiterInnen  die kollegiale Leitung von Schulen infrage gestellt. Es gilt für die GEW mehr denn je, vorhandene Ansätze innerschulischer Demokratie aktiv zu verteidigen.  

 

Finanzpolitik:

Weil gute Bildung auf jeden Fall ausreichende Ressourcen erfordert, haben wir 2011 die Kampagne gegen die Schuldenbremse in Hessen mitgetragen, deren Folgen inzwischen auch im Kreis Offenbach spürbar sind.  Da Haushaltsengpässe  durch die Ausgaben- und Einnahmenseite bestimmt  sind, haben wir in langer Tradition unseres Kreisverbandes nach der Finanz- und Eurokrise die Frage einer alternativen Steuerpolitik im Sinne von „Umfairteilen“  oder finanziellem „Umsteuern“ auf der Einnahmeseite für mehr Bildungsinvestitionen wieder aufgegriffen (Finanztransaktionssteuer, Wiedereinführung der Vermögensteuer, Reichensteuer, mehr Betriebsprüfungen).

 

Tarif - Besoldung - Arbeitszeit:

Die fehlenden Steuereinnahmen, die Folge einer einseitigen Sparpolitik und Begünstigung  von Reichen und Unternehmen sind, haben unsere Arbeitsbedingungen und unsere Einkommensentwicklung erheblich beeinträchtigt:

 

Schon seit Jahren wehren wir uns gegen zu geringe, verzögerte oder ganz ausbleibende

Besoldungserhöhungen, die weder die Inflationsrate ausgleichen geschweige denn den  

Wachstumszuwachs des BIP berücksichtigen, an dem alle Beschäftigten teilhaben

müssten.

Hatten viele vor der Landtagswahl 2013 noch auf einen Politikwechsel gesetzt, standen der

GEW mit der neuen schwarz-grünen Koalition besonders schwere Kämpfe bevor.

 

- Das Land Hessen hat über die Jahre mit bis zu 6000 Lehrkräften befristete Angestelltenerträge 

  für den Einsatz im Unterricht abgeschlossen, die durch Nichtbezahlung der Sommerferien ein

  weiteres Sparpotential für das Land Hessen ausmachen, aber den Betroffenen eine

  dauerhafte Berufsperspektive vorenthalten.

  Hier zeitigt der jahrelange Protest der GEW  inzwischen erste Ansätze zum Umdenken, d.h.

  zur Bezahlung der Ferienzeit und zur Entfristung, aber die Zahl der befristeten Verträge im

  Schuldienst ist noch längst nicht auf Null gesunken.

 

- Im Hinblick auf Besoldungserhöhungen zeigte die neue Landesregierung  gegenüber den

  hessischen Beamten größtmögliche Härte: Eine 1 ½ jährige Nullrunde und eine 1 %ige

  Deckelung der Besoldung sollten mit dazu beitragen, bis Ende 2018 520 Millionen Euro

  einzusparen.

  Gleichzeitig haben aber die Aufgaben im Schuldienst zugenommen, ohne dass eine   

  entsprechende Entlastung gewährt wurde (Arbeit am Schulprogramm, permanente

  Lehrplanänderungen, inklusiver Unterricht, individuelle Förderpläne, Lernstanderhebungen,

  Praktikantenbetreuung…).

  Diese massive Missachtung der Arbeit von Lehrkräften - sowohl in Bezug auf die

  Besoldung, vor allem aber auch das starre Festhalten an der Arbeitszeit von 42

  Wochenstunden, der höchsten im Vergleich zu den anderen Bundesländern – hat die

  GEW Hessen zu einer eintägigen Arbeitsniederlegung im Juni 2015 bewogen, an der sich

  über 5.500 beamtete Lehrkräfte, davon etwa 550 aus dem Kreis Offenbach, beteiligten.

  Dass die beteiligten Lehrkräfte sich ein Vierteljahr später mit Disziplinarmaßnahmen an der 

  höchstmöglichen Sanktionsgrenze auseinandersetzen mussten, hatte aufgrund der 

  Erfahrungen mit Streiks in der Vergangenheit  kaum jemand erwartet.

  Angesichts einer solch massiven Einschüchterung wurde neben zahlreichen

  persönlichen Anhörungen auch auf dem Rechtsweg gegen das Streikverbot für Lehrkräfte

  gekämpft.

  Unter dem unverändert hohen Arbeits- und Zeitdruck zur Bewältigung der schulischen

  Aufgaben schrieben 2016 eine Reihe von Kollegien an den Grundschulen im Kreis

  Offenbach, später auch an Sek. I-Schulen und Gymnasien, Überlastungsanzeigen, die sich

  am Gesundheits- und Arbeitsschutz orientierten und  die gemeinsam beim Dienstherrn

  eingereicht und vertreten wurden.

 

 Parallel dazu  entwickelte sich unter den Grundschulkolleginnen und -kollegen schon 2015

 eine Kampagne mit der Forderung: „Mindestens A 13 für alle!“, die vor allem mit den

 Argumenten  „ Diskriminierung bei der Besoldung von Frauenberufen“ und „gleiche Arbeit-

 gleicher Lohn“ auf positives Echo in den Medien stieß. Jedes Jahr wurde vor dem Staatlichen

 Schulamt in Offenbach an den Equal-pay-day erinnert und der Behörde ein Protestbrief

 überreicht.

 

 Ein Jahr vor der Landtagswahl 2018 wurde - wen wundert’s - die Nullrundenpolitik für

 beamtete Lehrkräfte gelockert und der abgeschlossene TV-H etwas zeitversetzt auf

 Hessens Beamtinnen und Beamte übertragen. Auch die Arbeitszeit der hess. Lehrkräfte

 wurde um ½ Pflichtstunde gesenkt - eine wenig spürbare Entlastung, aber die Richtung

 stimmte wenigstens!

 Und zum größten Erstaunen aller wurde  zum 1.1.2018  für 50 Millionen Euro das

 Hessenticket  -vorerst auf ein Jahr befristet  -für alle Landesbeschäftigten Hessens

 eingeführt. Mal sehen, was nach der Wahl daraus wird!

 

 Angesichts einer Haushalts- und Steuerpolitik, die für Banken- und Eurorettung genügend

 Geld bereitstellt, aber Steuererhöhungen gegenüber Vermögenden nicht angehen will, ist

 eine den Aufgaben angemessene, längst überfällige Arbeitszeitverkürzung für die Lehrkräfte

 wohl   nicht nur mit viel Engagement und breitem Protest durchzusetzen, sondern erfordert  auch

 ein Umdenken, einen Paradigmenwechsel der Politik in Bund und Land in Richtung soziale

 Gerechtigkeit!

 

GEW-Positionen gegenüber unserem Schulträger, dem Kreis OF

 

Wie sehr die einseitige Finanzpolitik auch die Kassen der Kommunen schmälert, haben die Schulen im Kreis OF 2012 leidvoll erfahren müssen, als die Haushaltslage des Kreises dazu führte, auch die Schulbudgets zu kürzen. Sowohl auf die laufenden jährlichen Zuweisungen (um ca. 600.000 €) als auch auf  die für investive Neuanschaffungen vorgesehenen Beträge, selbst auf dafür aus dem Vorjahr angesparte Gelder (ca. 700.000 €) musste – zumindest teilweise - verzichtet werden.

Trotz Flucht des Kreises unter den hessischen Schutzschirm  schiebt der Kreis OF weiterhin eine Schuldenlast von 520 Mio. Euro vor sich her, die bis 2020 auf 760 Mio. Euro anwachsen wird (FR 2.11.17).

 

PPP - Public private Partnership oder Pleiten, Pech und Pannen?

 

Mitverursacht sind die finanziellen Engpässe des Kreises Offenbach durch das in Deutschland größte schulische Projekt PPP.

Unter weitgehender Geheimhaltung des an die 70 Ordner umfassenden juristischen Vertragswerks des Kreises OF mit  Hochtief und SKE - auch gegenüber den meisten Abgeordneten im Kreistag -  wurde 2004 von der Kreistagsmehrheit beschlossen, alle Schulen des Kreises OF privat zu sanieren und 15 Jahre lang bewirtschaften zu lassen.

5 von 90 Schulen wurden allerdings fast zeitgleich geschlossen.

Demokratische Kontrolle wurde inhaltlich und fachlich ausgehebelt.

 

Viele Befürchtungen der GEW haben sich inzwischen bewahrheitet:

 

▶  Die jährlichen Raten des Kreises an die beiden Unternehmen sind seit 2005 extrem gestiegen (2012 schon 40%  höher als zu Beginn des Vertragsabschlusses), so dass die ursprünglich aufgemachte Vergleichsrechnung zwischen PPP (780 Mio. €) und kreiseigener Umsetzung des Projekts (angeblich 960 Mio. €), welche nie auf ihren Realitätsgehalt hin überprüft werden konnte, bis zum Ende der Laufzeit mit Überschreitung der Milliardengrenze längst obsolet sein wird.

 

▶  Die steigenden Raten für  PPP schränkten über Jahre die Gestaltungsmöglichkeiten des Kreises  für andere schulische und soziale Belange ein, z.B.:

-       Zuschüsse für Schulbusse  von 170.000 € wurden gestrichen.

-       Die PC-Ausstattung an den Schulen ist etwas schlechter geworden.

-       Die technischen Assistenten an den großen Schulen sind abgebaut worden

      bei gleichzeitiger technologischer Aufrüstung durch Activboards aus Bundesmitteln.

-       Räume für Ganztagsangebote sind nicht mehr finanzierbar, die Kosten werden

      auf die Kommunen im Kreis verlagert.

 

▶  Nicht vorhersehbarer Veränderungsbedarf an Schulen (Zunahme der Ganztagsschulen, neue Technik, anderer Raumbedarf durch G8 oder inklusive Beschulung…) führte zu teuren Vertragserweiterungen.

 

▶  Die bauliche Substanz lässt teilweise zu wünschen übrig (nicht immer schulgerechte

Baumaterialien, fehlende Schalldämpfung und Notausgänge…).

 

▶  Die aus Kostengründen vorgenommene Schließung von 5 Schulen zu Beginn der Laufzeit des Projekts hat  die Wohnortnähe für eine Reihe von SchülerInnen verschlechtert…

 

▶  Versprochene Beschäftigungseffekte auf das Handwerk der Region durch die Baumaßnahmen blieben aus (stattdessen Subunternehmen mit Niedriglöhnen von weither).

 

▶  Die Zuständigkeiten für  die Behebung baulicher oder technischer Mängel sind zwischen dem Kreis und den privaten Bewirtschaftern nicht klar geregelt, was  teilweise zu vorübergehendem Stillstand von Raum- oder Techniknutzung an Schulen führt.

 

▶  Kompetenzverlust im Kreisbauamt durch Abbau von Mitarbeitern, die in das private Facility- Management gewechselt haben.

 

Aus den negativen Erfahrungen mit diesem PPP-Projekt heraus, insbesondere wegen des massiven Kostenanstiegs und der wenig durchsichtigen Komplexität des gesamten Projekts, kam der Kreistag  2017 zu dem Beschluss, nach Ende der Laufzeit 2019 für 2 Jahre  die fast volle Beteiligung an den Projektgesellschaften unter Beibehaltung  der Strukturen und Kompetenzen des vorhandenen Verwaltungsmanagements  zu übernehmen, um mittels Einsicht in die dann  vorliegenden Rechnungsunterlagen zu prüfen, ob andere Alternativen  sinnvoller sind.

Wir werden diesen Reflexionsprozess kritisch begleiten.

 

 Modellregion inklusive Bildung im Kreis Offenbach - ein Vorbild für inklusiven Unterricht ?

 

Im Dezember 2013 hat der Kreis Offenbach mit dem Land Hessen in großer Eile und ohne jegliche Einbeziehung der kompetenten Pädagogen an den Schulen eine Kooperationsvereinbarung Modellregion inklusive Bildung im Kreis Offenbach unterschrieben, was nur in einigen Städten und Kreisen Hessens praktiziert wird.

▶  Danach werden ganze 10,34  zusätzliche Förderschullehrkräfte für die Weiterentwicklung inklusiver Bildung im Kreis OF bis 2018 vom Land Hessen zugesichert, aber nur, weil eine Förderschule geschlossen und einer anderen  Aufnahmestopp verordnet wurde.

Dieses Potential könnte noch durch die 13 Förderschullehrkräfte erhöht werden, die im Schulversuch „Begabungsgerechte Schule“ eingesetzt waren, aber dann würde die Arbeit  an den Schulen, die diesen Versuch mit Engagement getragen haben, keine Fortsetzung finden, denn inklusiver Unterricht ist ohne deutliche zusätzliche Ausstattung nicht umsetzbar. 

 

▶  Es mangelt auch an zusätzlichen sozialpädagogischen Fachkräften, es sei denn,

das, was in Mühlheim und Obertshausen in dem 5jährigen Schulversuch mit viel Kraft aufgebaut wurde, würde in seinen positiven Auswirkungen ignoriert und die vier dort zur Zeit angedockten SchulsozialarbeiterInnen würden gemäß Kooperationsvereinbarung ganz oder teilweise in andere Schulen geschickt.

 

Alles in allem – ein Tropfen auf den heißen Stein !

 

Die vom HKM  für  2018/19 angekündigten 700 Stellen für Sozialpädagogen im Grundschulbereich sind eher ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber was bleibt bei 1050 Grundschulen in ganz Hessen für die einzelne Schule übrig?

 

Inzwischen spielt diese Kooperationsvereinbarung keine Rolle mehr, weil 2017 hessenweit die „inklusiven Schulbündnisse“ eingeführt wurden, die allerdings auch keine personelle Verbesserung beinhalten, sondern eher den Verteilungsprozess der knappen Stellen auf die inklusiv arbeitenden Schulen verändert haben. Ob dadurch mehr Transparenz gewonnen wird, muss sich noch zeigen.

Ohne deutliche Steigerung der personellen Ressourcen bleibt Inklusion bei allen Modellvarianten eine Mängelverwaltung auf dem Rücken der beteiligten Schülerinnen und Schüler und ihrer Lehrkräfte!

 

Um an all den Restriktionen zu rütteln, die tagtäglich unseren Schulalltag beeinträchtigen und zu Mehrbelastungen und Überforderungen von Lehrkräften führen, bedarf es im Kreis Offenbach einer starken GEW!!!